Marcel Eckardt 2020: „Das WM-Finale zu schiedsen war mein Traum“

Für Marcel Eckardt wurde in diesem Jahr das wahr, wovon jeder Snooker-Schiedsrichter träumt: das WM-Finale im Crucible zu leiten. Mit seinen 30 Jahren ist er nunmehr der jüngste, der mit dieser Aufgabe betraut wurde. Den bisherigen Rekord hielt Paul Collier, der bei seinem Finale seinerzeit 33 Lenze zählte.

Eckardt, der aus Gera stammt und heute in Berlin lebt, legte einen nahezu kometenhaften Aufstieg in die höchsten Ränge des Schiedsrichterwesens hin. Vom reinen Snookerfan ging es über die ersten Regelkurse, angefangen 2008 bei Sandy Müller in Hohenstein-Ernstthal, über die einzelnen Schiri-Klassifikationsstufen schließlich zu Profi-Schiedsrichterehren.

Ihm kam dabei ganz sicher auch zugute, dass er gerade zu einer Aufbruchzeit die Szene betrat. Für die sich vergrößernde Main-Tour wurden viele Schiedsrichter gebraucht. Der Deutsche konnte letztendlich mit konstant guten Leistungen überzeugen und bekam nach und nach höhere Aufgaben, die schließlich im Ranglistenturnier-Finale und im letztjährigen WM-Halbfinale gipfelten.

Geschenkt bekommen hat das Marcel Eckardt aber keinesfalls. Das ist Resultat harter Arbeit und vieler unbezahlter Stunden am Tisch in der Anfangszeit. Die Augen der Snookerwelt schauten nun auch auf ihn, als er schließlich am vergangenen Samstag und Sonntag die Finalisten zur Entscheidung bat.

Hier im Team PHC Fürth

Wann hast du erfahren, dass Du das WM-Finale leiten wirst?

Eckardt: Mir war es tatsächlich schon recht lange bewusst, dass es diese Saison dazu kommen soll. Offiziell bestätigt wurde es erst, als ich in Sheffield war, jedoch bekommt man über das Jahr hinweg ein paar „Hinweise“, die ich richtig deutete. Intern stand es somit schon zu Saisonbeginn fest. Verraten hatte ich es bis zuletzt niemanden, da es ja auch gar nicht sicher war, ob die WM überhaupt stattfindet. Es war natürlich ein tolles Gefühl, die Bestätigung zu bekommen und die vielen Glückwünsche entgegen zu nehmen.

Hattest du damit gerechnet, jetzt schon „dran“ zu sein?

Eckardt: Für solche Vorgänge habe ich ein recht gutes Gespür und mittlerweile weiß ich auch, wie solche Entscheidungen getroffen werden. Ich bin also nicht vollkommen überrascht gewesen, jedoch hatte dies keinerlei Auswirkungen darauf, dass ich diese Aufgabe als unglaubliche Ehre ansehe. Die Vorfreude ist immens und natürlich ist das der größte Erfolg meiner bisherigen Karriere.

Gibt es Menschen, denen du danken möchtest, die dich begleitet haben?

Eckardt: Da gibt es natürlich viele, die mich über die Jahre hinweg immens unterstützt haben. Natürlich nicht nur meine Familie, sondern vor allem auch meine Kollegen und Freunde aus dem Snooker-Zirkus. Viele sind von Anfang an dabei, andere sind mittlerweile ausgeschieden und andere leider auch verstorben. Brandon Parker war in seiner Position immer ein großer Fan und Unterstützer meiner Person als Schiedsrichter. Wenige Tage vor seinem Tod hatten wir noch Kontakt. Er hat viel bewirkt, was sich positiv auf mich ausgewirkt hat. Dass er jetzt seinem Krebsleiden erlag, ist ein großer Verlust für die Snookerwelt und natürlich auch für mich persönlich.

Fühlst du dich auf die besondere Corona-Situation gut vorbereitet?

Eckardt: Absolut. Die World Snooker-Tour hat sehr viel geleistet, um dieses Event auf die Beine zu stellen. Es wird kaum etwas dem Zufall überlassen und man merkt natürlich, dass es dieses Jahr etwas anderes ist. Es gibt viele Restriktionen und die Abläufe haben sich merklich geändert. Ich machte einen Test, bevor ich nach Sheffield kam, um zu verhindern, dass ich dort „positiv“ anreise. Vor Ort finden außerdem weitere und regelmäßige Tests statt und ich fühle mich persönlich nicht bedroht. Man ist schon sehr vorsichtig und berücksichtigt viele Sachen. Meines Erachtens auch Dinge, die in unserer eher abgeschirmten Situation vielleicht nicht unbedingt nötig wären. Dabei geht es natürlich auch darum, für die Außenwelt ein Vorbild zu sein.

Fotos: I. Hirschowitz / H. Ackermann