Mark Selby hatte es in diesem Jahr nun endlich geschafft und den WM-Titel erringen können. Wir wollten von ihm wissen, wie er das „Jahr danach“ erlebt hat.
Der Sieg bei der WM bedeutet dir sicher viel. Kannst du uns einige Worte aus deiner Sicht zum Turnier sagen? Der Start war ja nicht einfach… (in der ersten Runde ein 10:9 gegen Michael White; Anm. d. Red.).
Selby: Ja, Michael White ist einer der im Moment aufsteigenden Spieler. Es war ein schweres Spiel und der letzte Frame hätte auch anders ausgehen können. Aber es gelang mir, das Spiel zu gewinnen. Danach spielte ich im weiteren Verlauf des Turniers wirklich gut.
Es war der perfekte Abschluss einer nicht so perfekten Saison. Hattest du im Vergleich zu der vorherigen Saison etwas verändert? Da hattest du zur WM nicht mehr so viel Energie übrig.
Selby: Ja. Im vergangenen Jahr stand ich im Finale der China Open, die ja unmittelbar vor der WM stattfinden, und verlor gegen Neil. In diesem Jahr schaffte ich es nur ins Viertelfinale und war deshalb nicht so lange in China. Und ich habe vor der WM nicht so viel trainiert, um mehr Kraft übrig zu haben. Im vergangenen Jahr hatte ich in der WM-Vorbereitung jeden Tag trainiert.
Gefallen dir der volle Kalender der MT heutzutage und die anderen Veränderungen?
Selby: Ja, ich denke, jetzt ist es gut. Heute können wir uns die Turniere aussuchen und müssen nicht mehr in jedem einzelnen Turnier spielen. Es ist schön, dass der Kalender so voll ist. Wenn man alles spielt, fühlt man sich wie ein richtiger Profi. Dagegen gab es früher nur sechs oder sieben Turniere und eine Pause von vier Monaten.
Es gibt jetzt drei Turniere in Deutschland. Wo spielst du am liebsten?
Selby: Das Turnier hier in Fürth mag ich sehr. Selbst, als es noch kein PTC und nur ein Pro-Am war, war der Zuschauerzuspruch sehr gut. Auch das Set-Up in Berlin ist sehr gut. Aber Snooker ist hier in Deutschland allgemein sehr populär und das Publikum ist immer sehr begeistert.
Gefällt dir das Reisen?
Selby: Das ist mir egal. Es ist manchmal ermüdend. Aber ich fühle mich privilegiert, Snooker zu spielen und dabei so viele Städte und Länder kennenzulernen. Wenn ich kein Snooker spielen würde, hätte ich diese Möglichkeit sicher nicht.
Du wirst nun bald Papa. Herzlichen Glückwunsch! Denkst du, dass sich viel verändern wird?
Selby: Ich werde weniger Schlaf bekommen. … Nein, ich denke, es wird mir mehr oder weniger helfen. Ich habe dann ein Ziel, für das ich arbeite. Ich werde versuchen, mehr Turniere zu gewinnen, um meiner Familie das bestmögliche Leben bieten zu können. Ich denke, es wird mir helfen, mich besser auf die Turniere konzentrieren zu können.
Du hast dich vor ein paar Monaten von deinem Manager (Mukesh Parmar; Anm. d. Red.) getrennt. Wer plant nun deine Flüge, Hotels, …?
Selby: Ich mache das meiste selbst und meine Frau Vikki hilft mir dabei. Denn wenn ich z.B. bei einem Turnier in China bin und die Anmeldung für ein Turnier ansteht, dann ist es manchmal nicht so einfach, an einen Computer zu kommen. Dann kümmert sie sich darum. Dann kann ich mich auch weiterhin voll auf den Wettkampf konzentrieren. Wenn ich zu Hause bin, mache ich es selbst, ansonsten Vikki.

Zu Beginn deiner Karriere hast du auch erfolgreich 8-Ball gespielt. Doch das war nicht die in Deutschland bekannte amerikanische Variante. Kannst du die Unterschiede in ein paar Worten beschreiben?
Selby: Der Unterschied zwischen dem englischen und dem amerikanischen 8-Ball ist, dass die Bälle viel kleiner sind und auch der Tisch. Unser Tisch ist nur 7-Fuß groß, während er ansonsten 9-Fuß misst. Und die Taschen an einem English-8-Ball-Tisch sind auch wesentlich kleiner als an einem amerikanischen Pooltisch.
Hast du auch andere Billardvarianten versucht? Amerikanisches Pool, Karambol oder etwas anderes?
Selby: Nein, Karambol habe ich nie ausprobiert. Ich habe vor vielen Jahren an einem 9-Ball-Turnier in Wales teilgenommen. Das war eine WM, aber ich war nicht besonders gut.
Ich erinnere mich, als du neu auf der „großen Bühne“ warst, waren immer viele Freunde von dir im Publikum. Das hat sich scheinbar geändert. Stehst du immer noch mit ihnen in Verbindung oder klappt das wegen deines engen Zeitplans nicht mehr?
Selby: Nein, ich stehe schon noch mit ihnen in Verbindung. Heute sind viele Turniere außerhalb Großbritanniens, und wenn ich da spiele, sehen wir uns natürlich längere Zeit nicht. Doch im November ist das Champion of Champions. Das ist nicht so weit weg von Leicester und da brauchen meine Freunde nicht so weit zu reisen. Ich sehe sie häufig, wenn ich zu Hause bin und sie versuchen, so oft wie möglich zu den Turnieren zu kommen.
Trainierst du mit anderen Profis? Trainierst du in einem Club oder hast du einen Tisch zu Hause?
Selby: Ich bin dabei, mir einen Tisch für zu Hause anzuschaffen. Im Moment trainiere ich im Club. Ich trainiere auch mit anderen Profis, z.B. Michael Holt und Ben Woollaston, also Spielern, die in meiner Gegend wohnen. Für Michael, der in Nottingham wohnt, ist es nur eine einstündige Fahrt. Aber ich trainiere auch viel allein.
Gefällt dir dein Spitzname „Jester of Leicester“ noch oder wird es Zeit für einen neuen? Ich denke, dein Stil hat sich in den letzten Jahren etwas verändert.
Selby: Das ist mir egal. Ich habe ihn mir nicht selbst gegeben. Der damalige MC Richard Beare war es. Vor den Turnieren unterhielten wir uns immer und machten auch den einen oder anderen Spaß und so stellte er mich dann bei einem Turnier mit diesem Namen vor. Und so ist es seitdem geblieben.
Hast du Hobbies? Bist Du an anderen Sportarten interessiert? Was machst du, wenn Du zu Hause bist? Den Garten, Vikki im Haushalt helfen…?
Selby: Okay, ich kann nicht kochen, also kocht Vikki meistens. Ich spiele gern Golf. Leider habe ich nicht so viel Zeit. Ich würde gern mehr spielen. Ansonsten schaue ich alle möglichen Sportarten im Fernsehen. Ich interessiere mich für Fußball und verfolge, so gut es geht, wie der Verein meiner Heimatstadt Leicester spielt und gehe auch zu den Spielen, wenn ich zu Hause bin.
Wie siehst du deine Zukunft? Hast du spezielle Pläne?
Selby: Im Moment natürlich weiterhin Snooker spielen und es genießen. Solange ich auf Top-Level spiele, werde ich weitermachen. Später möchte ich weiterhin dem Snooker verbunden bleiben. Also Pressearbeit, Kommentator oder so etwas. Ich möchte dem Snooker gern etwas zurückgeben. Ich denke, das bin ich dem Sport schuldig.
Vielen Dank und noch viel Erfolg in dieser Saison!
Selby: Danke sehr.
Fotos: Helga Ackermann