Interview Alexander Ursenbacher

Es war schon ein paar Jahre her (Interview im Bild 2014), dass wir uns mit Alexander Ursenbacher unterhalten hatten. Was lag näher, als die Gelegenheit in Berlin zum German Masters 2025 zu nutzen, mit ihm über seine aktuelle Situation zu sprechen.

Herzlichen Glückwunsch zum Matchgewinn (gegen Jack Lisowski)! Was kannst Du uns über das Spiel sagen?

Ich wusste von Anfang an, dass das schwierig wird. Aber wie immer im Snooker, es geht um sich selber. Es ist immer schwierig hier in Berlin, als einziger deutschsprachiger Spieler. Im ersten Frame konnte ich gar nicht spielen, ich konnte kaum stehen. Ich musste mich fast zwingen, die Weiße zu treffen, weil ich so gezittert habe. Zweiter und dritter Frame war dann besser und dann … habe ich halt Snooker gespielt.

Wie findest Du das Tempodrom? Es hat sich ja im Vergleich zu vor ein paar Jahren verändert, die Tische, mehr Spieler …

Ich weiß nur, dass ich immer sehr nah am Publikum gesessen bin und zweimal verloren habe, das war schon hart, weil ich wollte als Deutschsprachiger mal zeigen, dass wir das auch können. Ja, jetzt hat es geklappt. Es war eigentlich immer gleich, ich war immer gern hier. Der Support war immer gut. Ich liebe das Tempodrom, es ist wirklich schön, hier zu spielen. Das sollte man schätzen.

Du hast auch ein paar Freunde mitgebracht, wie ich heute Vormittag gesehen habe. Sind das Freunde oder Familie?

Freunde. Es hieß, es wollten ein paar kommen. Letztes Jahr waren auch schon zwei hier und dieses Jahr wollte ich ein bisschen mehr Support, weil es auch wirklich schön ist hier. Ein paar haben auch noch nie live Snooker gesehen bei so einem großen Turnier und so habe ich sie überredet und es hat funktioniert.

Aktuell liegst Du in der Weltrangliste nicht so gut. Wie siehst Du Deine Situation selbst?

Ich hatte in den letzten zwei/drei Jahren seit der Saison in Corona (2020), in der ich relativ gut so ungefähr auf Platz 41 platziert war, dann eine mentale Blockade. Weil ich das nicht abgeben wollte. Ich habe wirklich eine sehr, sehr schwierige Zeit hinter mir. Ich dachte, ich kann nie wieder mit Snooker Geld verdienen, ich war so im Loch. Ich konnte keinen Ball spielen, auch nicht im Training. Es war weg, wie, wenn ich noch nie gespielt hätte. So etwas habe ich noch nie erlebt. Dann habe ich mir gedacht: “Du spielst einfach weiter, denn Du bist ja eigentlich gut. Du bist ein guter Spieler, das kann nicht einfach so verschwinden.“ Ich wusste, ich muss einfach die harte Zeit durchhalten und irgendwann kommt es wieder. Es war immer etwas schwankend, aber ich nehme es halt, wie es ist. Etwas anderes kann ich sowieso nicht machen. Ich genieße es einfach und schaue, wie es kommt.

Wenn es jetzt doch nicht mit dem Maintourverbleib klappt, wirst Du es wieder versuchen?

Ja.

Oder hast Du andere Pläne?

Nein. Ich habe zu viel Zeit und Geld und Leidenschaft investiert, da könnte ich nicht einfach aufhören. Da würde ich ja nie herausfinden, was passieren würde. Das würde ich nur machen, wenn ich müsste.

Um noch einmal kurz auf die Saison 2020 in der Corona-Zeit zurückzukommen: hast Du irgendeine Erklärung dafür, warum es so gut lief?

Ich weiß nicht, was das war. Ich glaube, mein Lifestyle war viel besser. Ich bin pünktlich schlafen gegangen, ich bin pünktlich aufgestanden, ich habe mich gut ernährt. Ich habe damals in Dunstable mit Simon (Lichtenberg) gelebt. Wir verstehen uns wie Brüder. Das war sehr, sehr lustig und eine schöne Zeit. Dann hat er sich entschieden, dass das nichts für ihn ist im Moment, deshalb ist er wieder nach Deutschland. Dann war ich alleine da. Ich gebe ihm natürlich nicht die Schuld, um Gottes Willen! Dann war ich wieder etwas faul. Er hat mir geholfen mit dem Lifestyle, er macht das wirklich gut. Und diese Hilfe habe ich damals gebraucht. Und jetzt bin ich da alleine dran, das hinzubekommen, denn sonst geht es nicht.

Wie sieht Dein Leben jetzt so aus? Wo ist Dein Lebensmittelpunkt?

Bis Ende vorletzte Saison war ich in England. Aber ich brauche einfach meine Umgebung und meine Leute. Ich habe es jetzt jahrelang immer wieder versucht, ein paar Monate am Stück … es geht auch, aber langfristig macht mich das kaputt. Und das ist mir nicht so viel wert, dass ich meine mentale Gesundheit aufs Spiel setze, das mache ich nicht. Deswegen reise ich jetzt immer von der Schweiz aus an. Ich muss dort noch mehr Disziplin haben, weil ich noch mehr alleine bin als in England. Ich habe zwar mehr aus meinem engsten Kreis, aber im Snooker kann mir ja keiner helfen.

Ist ja auch kein Trainer da.

Ja und keine Spieler, und vor allem auch keine guten Tische. Ich muss wirklich alles mit Disziplin rausholen. Das habe ich ja früher auch schon gemacht, also weiß ich, dass es geht. Man muss halt durchziehen.

Und wie sieht Dein Leben sonst aus? Familie, Freundin, Hobbies?

Ja, die Freundin ist hier. Die schöne Rothaarige. Ansonsten genieße ich einfach meine Zeit zu Hause, weil mir das so viel wert ist. Ich wohne in der Nähe von meiner Mutter mit meiner Freundin, mein Vater ist auch in der Nähe und meine Kollegen. Und der Snookerclub ist nicht sehr weit. Ich wohne in einem tollen Ort. Ich mache eigentlich nicht viel. Ich trainiere, ab und zu treffe ich mich mit Freunden. Wir sind erst Ende August zusammengezogen, wir leben uns also immer noch etwas ein und ich habe noch einiges zu tun, aber ich mache nichts Spezifisches. Ich habe eine Dartsscheibe zu Weihnachten bekommen, da spiele ich.

Vielleicht noch eine zweite Karriere.

Ja, ich habe schon gesagt, wenn ich kein Snooker- und Poolprofi wäre, dann würde ich auf Darts gehen. Das ist schon cool.

Du hast ja schon gesagt, Du hast keine Gegner in der Schweiz, wie sieht es da mit Nachwuchs aus?

Nachwuchs gibt es überall in der Schweiz.

Beim 3 Kings war ja der Jenson Schmidt dabei.

Ja, mit dem bin ich gut befreundet. Er ist so 13/14. Ja, es gibt viele zwischen acht und achtzehn, die Riesenpotential haben. Je mehr ich die sehe, desto mehr realisiere ich, dass ich einer der wenigen war, der so Bock auf das Spiel hatte, dass er so viel gespielt hat. Ich glaube, heutzutage ist das schwierig mit den Jungen. Die wollen zwar spielen, aber sie spielen doch nicht genug. Sie sind dann gut in der Schweiz, aber international ist gleich Ende. Ich weiß nicht, woran das liegt. Ich versuche, mit meinem Namen ein bisschen zu helfen. Ich kann auch nicht immer irgendwohin reisen, aber ich versuche, die Jungen zu motivieren durch Resultate. Aber ich weiß nicht, woran es liegt, vielleicht an der heutigen Technologie. Oder Leidenschaft. Vielleicht zu viel Ablenkung. Aber es gibt Nachwuchs, auf jeden Fall.

Hat Dein Name denn etwas bewirkt? Gibt es jetzt Sponsoren aus der Schweiz?

Ja, ich habe ein paar Leute, die mir helfen. Man erwartet immer eine Gegenleistung, aber bei meinem aktuellen Rang ist das schwierig. Ich kann auf Social Media ja viel machen, aber davon bin ich kein Fan. Ich verstehe, dass das in der heutigen Welt und der Wirtschaft sehr wichtig ist oder sein kann, aber ich bin nicht der, der jeden Tag was reinschreibt, auch wenn es für die Fans und Sponsoren ist, aber ich sehe das einfach nicht ein, dass man sich für so etwas verpflichtet. Ich will einfach nur ich sein und wenn es klappt, klappts, und wenn es nicht klappt, dann eben nicht. Ich versuche, mit guten Resultaten einen Sponsor zu bekommen, weil das besser ist, finde ich. Aber ich habe noch keinen. Da muss ich noch besser spielen.

Vielen Dank und viel Erfolg für das Turnier und den Rest der Saison!