Cazoo World Championship
Das wird in die Geschichtsbücher eingehen! Der 28-jährige Luca Brecel wurde der erste Snooker-Weltmeister aus Belgien und aus Kontinentaleuropa. Mit 18:15 schlug er den viel erfahreneren Engländer Mark Selby im Finale und durfte den größten Titel des Snooker feiern. Und auf welche Art und Weise er sich den Pokal sicherte! Man sah über die 17 Tage einen gereiften und ruhigen Spieler, der aber immer wieder mit großartigen Stößen zu begeistern wusste. Das einstige Wunderkind, das im Laufe der Jahre nur hin und wieder den Erwartungen gerecht werden konnte, erreichte in diesem Jahr den Snookerthron. 500.000 Pfund waren neben dem Pokal die Belohnung für den Erfolg.
Der Belgier hatte den besseren Start
ins Finale und ging mit 3:0 in Führung. Bis zum Ende der ersten Session konnte Selby wenig tun und ging mit einem 2:6-Rückstand in die Pause. Am Abend des ersten Tages lief es etwas besser für den Engländer und nach Frame 15 stand es 6:9. In Frame 16 konnte er weiter verkürzen und wie!
Als erster Spieler überhaupt
schaffte er in einem WM-Finale ein Maximum Break. Was für ein besonderer Moment. Und auch der letzte Frame der Session ging an Selby, der nun nur noch 8:9 hinten lag. In Session drei erwischte wieder Brecel einen guten Beginn und gewann die ersten vier Frames in Folge, wobei er auch immerhin eine 141 auf den Tisch brachte. Selby musste ihn in dieser Session wieder ziehen lassen und so ging man mit einem 15:10 zu Gunsten des Belgiers in den Abend.
Hier machte Brecel erst einmal da weiter,
wo er am Nachmittag aufgehört hatte und stellte auf 16:10. Aber wir wissen ja um die Comebackfähigkeiten von Mark Selby und die kamen jetzt zum Vorschein. Frame um Frame entschied er nun für sich und plötzlich stand es 16:15. Spannung knisterte im Crucible. Luca Brecel hatte in den letzten drei Frames keinen einzigen Punkt gemacht, doch das hatte ihn nicht beeindruckt. Den nächsten Frame holte er sich und dann nutzte er auch die erste Chance, die sich ihm bot, und beendete mit einem Century dieses großartige Match. Vor Ort waren seine Eltern mit dabei und einige Tage später gab es in seiner Heimatstadt einen würdigen Empfang mit einem kleinen Volksfest. Und endlich einmal wurde in Belgien ausführlich über Snooker und Luca Brecel berichtet, was nur gut für den Sport sein kann.
Er stand schon am Rand der Niederlage
Der Weg von Luca Brecel ins das Finale war nicht einfach gewesen. Schon in der ersten Runde stand er am Rand einer Niederlage. Erst im Decider setzte er sich gegen Ricky Walden durch. Vorher hatte er übrigens noch nie ein Match im Crucible gewonnen. Im Achtelfinale hatte er sich mit Mark Williams auseinanderzusetzen und behielt mit 13:11 die Oberhand.
Brecel startet Comeback
Im Viertelfinale wartete Titelverteidiger Ronnie O’Sullivan, der vom Belgier aber mit 13:10 nach Hause geschickt wurde. Im Halbfinale traf er auf Si Jiahui. Si war seit langer Zeit der erste Qualifikant, der es in ein Halbfinale geschafft hatte. Der erst 20-jährige hatte schon mit 14:5 geführt und man sah ihn schon im Finale. Doch Brecel startete ein unglaubliches Comeback, gewann dabei 11 Frames in Folge und gewann am Ende mit 17:15. Aber auch was für ein Erfolg war das für den jungen Chinesen, der dadurch einen riesigen Sprung in der Weltrangliste machte und viel Selbstbewusstsein und auch Erfahrung mit solchen Matches mitnehmen konnte.
Das erste Match von Si Jiahui im Crucible hatte auch noch eine besondere Note, weil er dort auf Shaun Murphy traf. Der hatte ihm bekanntlich bei ihrem ersten Aufeinandertreffen, das ebenfalls mit einer Niederlage für den Engländer endete, das Anwesenheitsrecht im Gebäude abgesprochen, weil er zu der Zeit noch Amateur war. Diesmal musste sich Murphy erneut geschlagen geben, mit einem 9:10.
Nach einem Sieg gegen Robert Milkins behielt Si seine Nerven im Viertelfinale gegen Anthony McGill perfekt beisammen und gewann im Decider. Man darf gespannt sein, womit uns dieser junge Spieler in den nächsten Jahren noch überrascht.
Mark Selby hatte auf dem Papier etwas einfachere weil deutlichere Siege, aber das muss man gegen Spieler wie Matt Selt, Gary Wilson oder John Higgins erst einmal schaffen. Sein Halbfinale gegen Mark Allen war wiederum sehr spannend. Mark Allen hatte eine ganze Zeit der Saison dominiert, war vor der WM aber nicht unbedingt in Topform. Doch im Crucible zeigte er wieder eine sehr gut Leistung und unterlag Selby nur mit 15:17.
Kyren Wilson, von dem man auch immer einen guten Lauf erwartet, schaffte in der ersten Runde ein Maximum Break. In der zweiten Runde ging er mit 2:13 gegen John Higgins unter. Von Ferne musste er dann schließlich kurz vor Ende des Turniers miterleben, wie er sein schönes Maximum-Preisgeld noch mit Mark Selby teilen musste.
Die bitterste Qualifikation
Joe Perry war auch an dem wohl bittersten Qualifikationsmatch des Jahres beteiligt. Die letzte Runde bestritt er gegen seinen guten Freund Mark Davis. Für Davis ging es um alles. Er musste das Match gewinnen, um auf der Tour zu bleiben. Das Spiel ging natürlich in den Decider. Und hier schien Davis schon am rettenden Ufer, bevor er den Matchball verpasste und Perry das Match auf Schwarz gewann. Das ihm das überhaupt keinen Spaß machte, sah man an seiner Reaktion.
Lukas Kleckers verlor sein Match mit 8:10 gegen Ashley Hugill. Ein Sieg hätte ihm wertvolle Punkte für die Rangliste auch im Hinblick auf die kommende Saison gebracht.
Es war also wieder ein sehr ereignisreicher Saisonabschluss mit einem durchaus unerwarteten Ende. Auf eine spannende neue Saison!
Und noch etwas machte Schlagzeilen:
In der ersten Runde lief die Session mit den Matches Allen/Fan und Milkins/Perry. Plötzlich stürmten „Just Stop Oil“-Aktivisten die Arena. Einer sprang auf den Tisch von Milkins/Perry und verstreute ein orangenes Pulver. Am Tisch von Allen/Fan versuchte sich die Aktivistin an der Mitteltasche festzukleben, doch ein geistesgegenwärtiger Olivier Marteel erfasste sie und zerrte sie vom Tisch weg. Damit konnte dort das Spiel nach kurzer Pause weitergehen, während der andere Tisch an diesem Abend nicht mehr zu retten war. Zwar saugte man fleißig, sogar Rob Walker schnappte sich einen Staubsauger, aber das feine Pulver hatte sich schon überall in jede Ritze gesetzt. Somit wurde die Session komplett verlegt. Wie die beiden Personen am Sicherheitspersonal vorbeigelangen konnten, wurde sicher im Nachhinein noch gründlich untersucht.
Mit 28 Jahren erster Snooker-Weltmeister aus Belgien