Weltmeisterschaft 2024

Kyren Wilson ist Weltmeister!

2024 konnte sich mit Kyren Wilson wieder ein neuer Name in die Weltmeisterliste eintragen. Mit 18:14 gewann der 32-jährige das Finale gegen den Waliser Jak Jones. Es fiel ihm ganz sicher ein Riesenstein vom Herzen, denn sein Gegner hatte immer wieder aufholen können und in den vorherigen Frames war wenig gegangen. Nachdem sein Sieg feststand, brachen alle Dämme. Beim Lochen der letzten Bälle sagte der neue Champion: „Ich kann nichts mehr sehen.“ Da standen ihm schon die Tränen in den Augen, die er im Arm seines Bruders, der Söhne und seiner Frau nicht mehr zurückhalten wollte und konnte. „Schon als Sechsjähriger habe ich davon geträumt. Und den Sieg mit meiner ganzen Familie zu erleben, so habe ich es mir vorgestellt.

Jak hat gekämpft und hat es wirklich schwer für mich gemacht. Im letzten Frame habe ich einfach einen Ball nach dem anderen gelocht und plötzlich war es der Matchball und ich war Weltmeister. Das bedeutet mir alles. Als ich 2020 das Finale gegen Ronnie O’Sullivan verlor, war ich enttäuscht, und wäre das mein einziges WM-Finale geblieben, wäre das bitter gewesen. Damals war ich in der ersten Session ziemlich ausgelaugt gewesen und als ich in der ersten Session Jak sah, dachte ich, dass er vielleicht Schwierigkeiten hat und wusste, dass das der Moment ist, den ich ausnutzen muss. Nach der 7:1-Führung musste ich nur noch sehen, keine Session hoch zu verlieren.“ Jak Jones bestätigte die Beobachtungen von Wilson: „Die Aufgabe nach dem 7:0 war zu groß. Nach dem Halbfinale Sonnabendabend war ich erst um 1 Uhr im Hotel und konnte überhaupt nicht schlafen. Ich fühlte mich in der ersten Session kaputt, Aber so stark, wie Kyren startete, hätte er mich wahrscheinlich sowieso geschlagen. Wenn ich jetzt noch das 17:15 geschafft hätte, wäre er vermutlich noch mal ins Grübeln gekommen, aber so war ich zu weit zurück.“

Der Plan von Kyren ging auf. Der Engländer war in der erwähnten ersten Session mit 7:0 in Führung gegangen. Nur den letzten Frame holte sich Jak und das war ganz sicher wichtig für dessen Moral. In Session zwei knüpfte er nämlich direkt daran an und konnte um zwei weitere Frames verkürzen, bevor Kyren Wilson zum MSI den alten Vorsprung wieder herstellte. Jones war nun wesentlich besser im Spiel und verkürzte auf 10:6. Der neunte Frame der Session war schon ein kleiner Weichensteller. 11:6 oder 10:7 ist doch ein bedeutender Unterschied. Und es sah so aus, als ob Jak Jones weiter verkürzen könne, er führte schon mit 29 Punkten mit nur noch den Farben auf dem Tisch. Wilson holte die Foulpunkte und räumte schließlich die Farben bis auf Schwarz ab. Black-Ball-Game. Schließlich bot sich Jones eine Chance, er verschoss und Wilson machte alles klar. Bitter für den Waliser, aber sehr erleichternd für den Engländer. Session drei ging schließlich 4:4 aus. Mit dem 15:10 hatte Kyren Wilson nun beste Chancen, sich den Titel zu holen. Aber Jak Jones steckte natürlich noch nicht auf. Immer wieder kämpfte er um den Anschluss, um Wilson dann doch wieder davonziehen zu sehen. Beim Stand von 17:11 war es dann schon fast vorbei. Nun kam eine Phase, in der sich beide schwertaten. Wilson wollte nichts mehr gelingen und so verkürzte Jones nochmals auf 17:14. Doch schließlich kam Kyren Wilson noch einmal in die Bälle und schaffte das entscheidende Break zum Titelgewinn.

 

Auch wenn es nicht zum Sieg reichte, war es doch der größte Erfolg von Jak Jones in seiner Karriere. Als Qualifikant und Nr. 44 der Weltrangliste gestartet, schaffte er es nicht nur mit Siegen über Jamie Clarke und Zhou Yuelong ins Crucible, sondern trieb dort auch u.a. Judd Trump und Stuart Bingham mit seiner Spielweise zur Verzweiflung. Im Finale spielte er dann offensiver, aber abgesehen von der ersten Session nicht weniger gut. In der vergangenen Saison war er erstmals bei der Endrunde der WM und erreichte damals gleich das Viertelfinale. Und diesmal Finale, nachdem die ganze Saison über wenig gegangen war. Jak Jones scheint für das Crucible geboren. Als Bonus für seinen Erfolg hier erreichte er erstmals die Top 16 der Weltrangliste.

Kyren Wilson war als Top-16-Spieler

in die Endrunde gesetzt. Er traf zuerst auf den mit 52 Jahren ältesten Qualifikanten Dominic Dale, mit dem er keine Probleme hatte. Nach einem ähnlich guten Sieg über Joe O’Connor bekam er es im Viertelfinale mit Altmeister John Higgins zu tun, der vorher Mark Allen im Decider nach einem 0:62-Rückstand noch ausgeschaltet hatte. Auch gegen Wilson zeigte der Schotte ein gutes Match, so dass er anders als früher manchmal nach seinem Ausscheiden doch zufrieden war und keine Rücktrittsabsichten äußerte. Im Halbfinale lieferte sich Kyren Wilson mit David Gilbert zunächst ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das Kyren dann aber in ein klares 17:11 wandeln konnte.

Überraschender Verlauf
Es war eine sehr interessante WM mit einem durchaus überraschenden Verlauf. So standen im Halbfinale drei Qualifikanten. Denn auch Stuart Bingham hatte keine Topergebnisse mehr geliefert und somit seinen Top-16-Platz verloren. Doch das hinderte ihn nicht, im Viertelfinale Ronnie O’Sullivan mit 13:10 aus dem Turnier zu werfen. Vorher hatte er schon Jack Lisowski nach Hause geschickt.
In der ersten Runde im Crucible stolperten schon etliche der gesetzten Spieler. Zuallererst ist da der Titelverteidiger Luca Brecel zu nennen, den den Kürzeren gegen David Gilbert zog. Der Belgier zeigte sich im Interview danach aber direkt erleichtert, diese Bürde „amtierender Weltmeister“ wieder los zu sein. Man muss aber auch sagen, dass er sich schon seit ein paar Wochen mit einem Virus rumplagte, das ihn auch hier sichtlich beeinträchtigte. So gab er das Match dann auch schnell auf, obwohl er im Decider nur einen Snooker benötigte. Im Duell der etwas emotionaleren Spieler behielt Stephen Maguire gegen Ali Carter die Oberhand. Der Schotte schaffte es später mit einem Sieg gegen seinen alten Rivalen Shaun Murphy auch noch bis ins Viertelfinale.

 

Überraschend kam das frühe Aus von Mark Selby,

der Joe O’Connor mit 6:10 unterlag. Selby setzte anschließend ein dickes Fragezeichen hinter seine Zukunft im Snookerprofisport. Mental ist er schon durch viele harte Zeiten gegangen und er sagte, wenn er nur spielt, weil er spielen muss, das könne er nicht mehr aushalten. Im Sommer wollte er sich mit seiner Frau zusammensetzen, ob und wie es weitergeht. Für O’Connor war dieser Sieg ein toller Erfolg und eine kleine Revanche für die Niederlage im Finale der Championship League. Ein weiteres frühes „Opfer“ aus dem Kreis der gesetzten Spieler war Zhang Anda. Nach dem, wie er in dieser Saison beeindruckt hatte, hatte man wesentlich mehr erwartet, doch er unterlag Jak Jones klar mit 4:10. Mark Williams gratulierte nach einem 9:10 Si Jiahui zum Sieg. Wie es bei dem Waliser weitergeht, dazu äußerte er sich recht kryptisch. „Ich werde Snooker spielen.“ Gleichzeitig gab es Äußerungen, dass er sich das Crucible noch einmal genau angesehen hat, wenn er denn nicht wiederkommt. Während der WM wurden die Gerüchte lauter, dass es eine Konkurrenztour geben soll. Diverse Topspieler wurden wohl bereits angefragt. Ob Williams dort unterschrieben hat, ließ er allerdings im Unklaren. Andere von den Journalisten dazu befragte Topspieler bejahten Anfragen, aber hatten wohl teilweise schon abgesagt. Man wird sehen, was daraus wird.

Noch ein kurzer Blick auf die Qualifikation: Ein erfolgreiches Abschneiden dort war die letzte Möglichkeit für Lukas Kleckers, auf der Tour zu bleiben. Mit einem Sieg gegen Allan Taylor im Decider auf die letzte Schwarze (wie auch sonst) zog Lukas in die nächste Runde ein. Hier wartete Chris Wakelin. Gegen den hätte er gewinnen müssen, um auf der Tour zu bleiben. Der Sieg war nicht unmöglich, doch der Essener verlor mit 5:10. Damit ist er runter von der Tour und wird auch in diesem Jahr erst einmal nicht an der Q Tour teilnehmen.
Groß aufgezogen wird immer die letzte Runde, in der die Qualifikanten für das Crucible endgültig ermittelt werden. „Judgement Day“. Vollkommen unerwartet scheiterte hier Neil Robertson. Der Australier hatte nach der mäßigen Saison in die Quali müssen und überstand sie nicht. Er verlor gegen Jamie Jones mit 9:10. Noppon Saengkham dagegen setzte ein Highlight und schaffte in seinem ersten Qualimatch ein Maximum Break, bevor er am „Judgement Day“ gegen Jackson Page verlor.

Bilder: Tai Chengzhe